Sebastian Kneipp wurde am 17. Mai 1821 als viertes Kind eines Hauswebers in Stephansried (Bayern) geboren. Not und Entbehrungen prägten seine Kindheit, in der er hart arbeiten und dem Vater am Webstuhl im feuchten Keller helfen musste. Schon früh hegte der den Wunsch, Geistlicher zu werden. Er bewarb sich bei vielen Pfarrämtern, wurde jedoch nirgendwo angenommen. Erst der Kontakt zu Kaplan Dr. Merkle aus Bad Grönenbach, ein entfernter Verwandter seiner Familie, brachte1842 eine erste wichtige Wendung in sein Leben.

 

Mit 25 Jahren erkrankte Sebastian Kneipp an Lungentuberkulose. Trotz der schweren Krankheit, die damals noch als unheilbar galt, machte er, wenn auch verspätet, sein Abitur. Mit Beginn seines Theologiestudiums kam im Frühjahr 1849 dann der völlige Zusammenbruch. Als er zufällig in der Hofbibliothek ein Buch über die Heilkraft des Wassers entdeckte, weckte dies die Hoffnung, seine Krankheit selbst zu überwinden.

 

Durch das Buch belehrt, unternahm er einen waghalsigen Versuch:

"So ging ich dann in der Woche dreimal (im Winter) in die Donau hinaus (die Kälte mochte sein, wie sie wollte) und habe Halbbäder genommen von 3-4 Sekunden bei 10-15 Grad Kälte. Müde ging ich hinaus, neu aufgefrischt und gestärkt ging ich jedesmal heim und ich gewann die Überzeugung, wenn es für mich - nachdem alles Angewendete nichts geholfen - ein Heilmittel gibt, so wird es das Wasser sein. Mein Geist wurde denkfähiger, es besserte sich mein Appetit und ich konnte doch schon regelmäßig die Vorlesungen anhören, zumal in der Theologie  [... ] Wie ich Versuche gemacht habe, mich zu kurieren, indem ich wöchentlich zwei- bis dreimal in die Donau ging, so habe ich auch zu Hause, wenn ich in die Waschküche kommen konnte, teils ein Halbbad, teils eine Gießung, die ich selbst vornahm, gebraucht."

 

Sebastian Kneipp wurde bei seinen "heimlichen" Wasseranwendungen natürlich von Mitstudenten erwischt, die ihm eine Figur an die Tür zeichneten, die sich selber übergoß und darunter geschrieben stand: Dr. Hydrophilus. Er wurde wieder gesund und half bald auch seinen Mitstudenten, wenn sie an Tuberkulose oder anderen Krankheiten litten. Als die Cholera ausbrach, ging er mutig daran, auch dieser mit Wasser die Stirn zu bieten und heilte eine Frau, die im Sterben lag.


Wie ein Lauffeuer sprach es sich herum, dass der “Cholera-Kaplan”, wie Kneipp inzwischen genannt wurde, ohne viele Worte und kostenlos half, was auf zunehmende Kritik der Ärzte und Apotheker stieß. Sie fühlten sich durch Kneipps Wirken brüskiert – es wurde Anzeige gegen ihn erstattet. Kneipp mußte vor Gericht erscheinen und verteidigte sich dort mit dem Argument, ob man Kranken nicht helfen dürfe, wenn die Ärzte nicht mehr helfen können oder wollen und der Kranke mittellos ist. Der Fall nahm eine überraschende Wendung: Der Richter ließ sich von Kneipp Ratschläge zur Behandlung seines Rheumatismus geben und ließ ihn gewähren.

 

Nach vielen beruflichen Zwischenstationen wurde Sebastian Kneipp 1855 als Beichtvater ins Dominikanerkloster nach Bad Wörishofen versetzt, wo er aufgrund seiner guten Kenntnisse zugleich auch als landwirtschaftlicher Berater tätig war. Aufsehen erregte er durch die erfolgreiche Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche des Rinderbestandes mithilfe von Wasseranwendungen. Gewürdigt wurden auch seine Verdienste um Bienenzucht und Honiggewinnung. Er verfaßte landwirtschaftliche Sachbücher über wichtige Themen wie Ackerbau und Viehzucht (z. B. Fritz, der fleißige Landwirt).

Zu seinem Behandlungsrepertoire zählten kalte Güsse, Wassertreten, kalte und warme Teil-, Voll- und Wechsel-Bäder sowie kalte und warme Wickel und Auflagen.

 

1886 erschien „Meine Wasserkur“, Kneipps erstes Buch, das bereits seine Kräuterheilkunde und ein Kapitel über „Kraftnährmittel“ enthielt. Das Buch war ein voller Erfolg und verstärkte den Zustrom Heilungssuchender, anstatt ihn zu vermindern, was er eigentlich mit dem Buch beabsichtigt hatte. So hatte Kneipp gemeinsam mit einem Arzt, der die Diagnosen erstellte, tagtäglich mehr als 150 Kurgäste in seiner Sprechstunde zu betreuen.

1889 veröffentlichte Kneipp sein zweites Buch mit dem Titel „So sollt Ihr leben“, das seine gesundheitserzieherischen Grundsätze enthielt. Es folgten weitere Bücher wie „Ratgeber für Gesunde und Kranke“ (1891) und „Mein Testament“ (1894), in dem er die letzte Fassung seiner immer wieder verfeinerten und veränderten Heilmethoden beschreibt.


Sebastian Kneipp richtete in Bad Wörishofen drei Stiftungen ein: Das Priesterhaus „Sebastianeum“ (1891), das „Kinderasyl“ (1893) und das „Kneippianum“ (1896). Diese drei Stiftungen wirken seitdem in seinem Sinne und helfen kranken Menschen.

 

Auf zahlreichen Reisen im In- und Ausland war Kneipp ein beliebter Redner. Mehr als eine Million Zuhörer erreichte er Schätzungen zufolge in den drei Jahren seiner Vortragsreisen. Durch seinen Erfolg bei der Heilung des Ischiasleidens von Erzherzog Johann von Österreich-Ungarn wurde auch der europäische Hochadel auf Kneipp aufmerksam.

 

Nach mehreren Audienzen ernannte Papst Leo XIII. Kneipp 1893 zum päpstlichen Geheimkämmerer. Damit verbunden war die Verleihung des Titels „Monsignore“. Kneipp bedeutete diese Ernennung sehr viel, weil damit die Anerkennung seines Wirkens durch den Papst zum Ausdruck gebracht wurde. Der Papst bestärkte ihn auch darin, sich neben seinem Priesteramt weiterhin um die Gesundheit seiner Mitmenschen zu kümmern.

 

Am 17. Juni 1897 starb Sebastian Kneipp im Alter von 76 Jahren in Bad Wörishofen.